Ich hatte geschrieben, dass ich nicht mehr deutsche Medien konsumiere.
Ich las Artikel von intelligenten und talentierten, ausländischen Journalisten, die noch echte Journalisten sind, politisch links, aber nicht scheinheilig, nicht arrogant oder unverschämt und politisch korrekt aus Überzeugung und nicht weil es gut ankommt.
Aber leider wurde ich heute wieder schwach. Artikel, die ohne unzähligen Sexismus gegenüber Frauen oder provinzielles Gelaber von deutschen Idioten auskommen, die von nichts eine Ahnung haben? Kein Osteuropa-Stammtisch-Bashing wegen der Flüchtlinge und dem “guten“ Deutschland, keine unzähligen Artikel über die AfD mit welchen man der Welt zeigen kann, dass man selbst ja so ein viel besserer Mensch ist? Keine Empfehlungen für langweilige Bücher?
Nein, Artikel von intelligenten, weltgewandten Menschen, die das Herz am rechten Fleck haben.
Leider verspürte ich aber auf einmal ein Verlangen etwas Dummes zu lesen, das intelligent herüberkommen soll und als “Gesellschaftskritik“.
Was also machen, wenn man solche Gelüste hat?
Es ist so bei manchen Menschen: Man weiß, man sollte sich etwas Schönes kochen mit viel Gemüse, aber man geht in einen Imbiss, wo sich derjenige, der das vor Fett triefende Essen zubereitet, nicht die Hände nach dem Toilettengang wäscht und sich beim Zubereiten des Fett-Essens am Hintern kratzt und auf das Essen hustet und ejakuliert und Salmonellen sind noch das Harmloseste, was man sich da einfangen kann, aber man will es einfach, auch wenn man weiß, dass es nicht gut für einen ist. Man will das fettige, verseuchte Essen. So mache ich das manchmal bei Medien.
Die erste Adresse dafür wäre natürlich die Springer-Presse, aber ich möchte der Welt keine Klicks geben.
Ich entschied mich deshalb für die Welt Light.
Die linksliberale Zeit.
Die Startseite schien noch etwas unschuldig.
Ich klickte auf Kultur (haha, “Kultur“) oder so etwas und wurde sofort fündig.
Eine Dame mit dem Namen Marlen Hobrack schreibt:
“Orangefarbener Spachtelteint, falsche Locken und Kastenbrauen: Das weibliche Schönheitsideal der britischen Arbeiterschicht macht Karriere“
und
“Die Scouser Girls der Working- und Lower-Middle-Class jedenfalls träumen von einem gesellschaftlichen Aufstieg, der durch harte Arbeit nicht zu erreichen ist. Man kann im Kosmetikstudio oder im örtlichen Tesco-Markt noch so viele Überstunden schieben, reich wird man davon nie. Und in dem ungeheuer teuren englischen Universitätssystem sind diejenigen, die sich nicht an die dreißig- bis fünfzigtausend Pfund Schulden für ihre Ausbildung aufbürden wollen, eben ziemlich arm dran.“
Ich frage mich, wie man darauf kommt über so etwas einen Artikel zu schreiben. Ich weiß jedenfalls wie ich lieber aussehen würde: lieber wie eine britische “’Unterschichtenbarbie“ als so wie irgendeine deutsche Journalistin, Autorin oder sonst etwas.
Desweiteren
Seit wann hat man in der “Unterschicht“ Geld Unmengen an Geld übrig für
Extensions
Brust-Ops
Spray-Tans
glitzrige, kurze Outfits und Schuhe
Lippenaufspritzungen
Wimpernverlängerungen
Make-up für den Porno-Look
Geld, um die teuren Bars zu gehen, wo die Fußballer verkehren, die man ehelichen möchte
wenn man doch an der Supermarktkasse arbeitet wie im Artikel geschrieben wird?
Die Mädels sind nicht “Unterschicht“, aber was sollte auch eine deutsche Provinz-Trulla mit genügend Geld schon über die “Unterschicht“wissen?
Solche arroganten hihi-witzig-Artikel sind peinlich, aber typisch für deutsche Medien. Wenn man nichts Intelligentes finden kann, worüber man schreiben könnte, sollte man es vielleicht lieber lassen. Dass die Zeit aber Artikel wie diesen veröffentlicht, die eher zu einer Frauenzeitschrift oder zu einem Klatschmagazin passen, zeigt nur, was für eine “Zeitung“ die Zeit ist, wobei wir wieder beim arroganten, sexistischen Gerede deutscher Provinzler wären.
Ich weiß aber auch nicht, warum dumme Menschen, die sich für intelligent halten, so unterhaltsam für mich sind. Warum lese ich so gerne ihr hohles Gerede? Warum hat ihr beschränkter Horizont so etwas Unterhaltsames?
Ich muss aber dennoch deutsche Medien wieder vermeiden. Ich möchte ja nicht verblöden wie die deutschen Journalisten. Es müsste eine Selbsthilfegruppe für uns intelligenten Menschen geben, die ab und zu etwas Dummes lesen möchten.
Man muss aber dieser Journalistin eines lassen:
Es ist BEI WEITEM nicht der dümmste, arroganteste oder unverschämteste Artikel, den man in den deutschen Medien lesen kann (sie schreibt zumindest darüber, dass es hart-arbeitende, ärmere Menschen gibt und erwähnt Maggie Thatcher). Er ist nicht mal in der Top 1000 Auswahl.